selbstverständnis.

wie wir uns organisieren:
Als Gruppe treffen wir uns wöchentlich zum Austausch. Wir sind als Gruppe in einem ständigen Lernprozess und offen für Anregungen und Kritik die unseren Diskurs weiterbringen.
In der Klimagruppe versuchen wir Entscheidungen einvernehmlich im Konsens zu treffen, das bedeutet, dass alle Menschen mit dem Vorschlag zufrieden sind. Wenn es Bedenken gibt, werden diese gehört und miteinbezogen. Denn uns ist wichtig, alle Stimmen zu hören und dominantes Redeverhalten zu reflektieren. Wir sind bemüht Hierarchien abzubauen und wollen im Plenum und darüber hinaus einen wertschätzenden Umgang miteinander haben. Als Gruppe sind wir im Ende-Gelände Bündnis organisiert und mobilisieren zu deren Massenaktionen zivilen Ungehorsams. Dennoch sehen wir uns als eine unabhängige Gruppe, indem wir eigene Schwerpunkte setzen und versuchen uns darüber hinaus mit anderen Kämpfen und Bewegungen zu vernetzen. Dadurch, dass unterschiedliche Menschen verschiedene Perspektiven einbringen, kann sich unsere politische Arbeit und jene Schwerpunkte verändern. 
 
Teil 1: Systemkritik
Als Klimagruppe setzen wir uns autonom und radikal für Klimagerechtigkeit ein.
Autonomität bedeutet für uns, dass wir uns selbstständig organisieren um Freiheit von Profitinteressen und etablierten Organisationen zu erlangen. Unter Radikalität verstehen wir gemeinsam Probleme an der Wurzel anzupacken, um diese möglichst allumfassend und nachhaltig anzugehen. Dabei ist es uns wichtig, große Zusammenhänge wie globale Machtstrukturen zu sehen und eine Perspektive einzunehmen, die sowohl international als auch intersektional ausgerichtet ist.
 
Klimagerechtigkeit bedeutet für uns:
Wir sehen den menschengemachten Klimawandel nicht isoliert als eine Art „Umweltproblem“, sondern setzen ihn bewusst mit der Frage nach Gerechtigkeit in Verbindung. Der Klimawandel ist unbestreitbar die Folge eines Wirtschaftssystems und einer Werteorientierung, die auf sozialer Ungerechtigkeit, Ungleichheitsideologien und vielen weiteren Unterdrückungsstrukturen aufbauen. Diese, an Profit- und unendlich großem Wachstum orientierte Denkweise führt letztendlich auch noch dazu, dass die Menschen, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, am meisten davon betroffen sind während die Hauptverantwortlichen nahezu nichts davon zu spüren bekommen. 
Für uns bedeutet der Kampf für  Klimagerechtigkeit daher eine tiefgehende Systemkritik zu leben, welche auf die vorherrschenden Missstände und Verstrickungen aufmerksam macht, die der Kapitalismus hervorbringt. Dabei liegt unser Fokus ganz klar auf dieser systemischen Ebene und nicht auf der (Konsum-)Kritik des Individuums. 
 
Teil 2 : Intersektionalität
Eine klimagerechte Welt erreichen wir nur mit Intersektionalität. Intersektionalität bedeutet für uns verschiedene Diskriminierungsformen zusammen zu denken, weil sie miteinander verwoben sind und sich gegenseitig verstärken können. Zum Bespiel erleidet eine schwarze behinderte Frau durch das Zusammenwirken von Ableismus, Sexismus und Rassismus deutlich mehr Diskriminierung als eine weiße Frau, die “nur” von Sexismus betroffen ist. Die Klimakrise trifft – genauso wie andere Krisen diskriminierte Personengruppen durch ihren meist schlechteren Sozioökonomischen Status härter als andere Menschen. Durch unsere intersektionale Perspektive möchten wir uns die hinter der Diskriminierungsform stehenden Machtstrukturen und Ideologien bewusst machen und abbauen. Wir sehen den Kampf um Klimagerechtigkeit aus einer emanzipatorischen Perspektive, weshalb wir Kämpfe nicht stellvertretend für andere Gruppen führen können, sondern uns mit diesen solidarisieren und unterstützen. Wir müssen unserer Privilegien reflektieren, damit wir diese nutzen können, um diskriminierten Gruppen bei der Selbstbefreiung zu helfen.
 
 
Teil 3: Direkte Aktion
Wir möchten die Gestaltung dieser Welt nicht gewählten Politiker*innen überlassen und probieren deshalb unmittelbar selbst aktiv zu werden. Denn unsere Ziele sind nicht vereinbar mit Kompromissen, die das an Konkurrenz und Profit orientierte System schützen. In direkten Aktionen sehen wir eine Vielfalt an Möglichkeiten dieses ausbeuterische System zu bekämpfen und den Wandel in die eigene Hand zu nehmen. Dafür bauen wir solidarische Strukturen auf, schaffen Bildungsangebote, stellen uns Ungerechtigkeiten gegen Mensch und Natur in den Weg und gehen in einen Austausch um gemeinsam Visionen zu entwickeln. Nichts desto trotz machen wir Aktivismus innerhalb dieses bestehenden Systems und müssen uns deshalb ständig reflektiven um unseren eigenen Anforderungen nach Inklusivität und Offenheit gerecht zu werden. 
 
Stand: 17. Juni 2022

Rede vom globalen Klimastreik (25.03)

 
Foto der Demonstrierenden mit Flaggen und Schildern vor dem Oberstadtaufzug in Marburg
Demonstrant:innen auf dem globalen Klimastreik am 25.03.2022

Wusstet ihr, dass tausende Menschen jedes Jahr ins Gefängnis müssen, weil sie sich ihr Ticket und die darauf folgende Geldstrafe nicht leisten können?

Diese Kriminalisierung von Menschen, geht mit dem kostenplichtigen ÖPNV einher.
 
Eingeführt wurde dieser Straftatbestand 1935 von den Nazis und lässt sich auch heute noch im Strafgesetzbuch unter dem Paragraph 265a als „Erschleichen von Leistungen“ finden. 
 
 
Wer sind die Menschen, die von dieser Kriminalisierung am meisten betroffen sind? 
Ein Großteil der Menschen, die wegen Fahrens ohne Fahrschein im Knast sitzen sind arbeitslos, jede:r Dritte suchtkrank und mehr als ein Achtel obdachlos.
 
Nach dem Absitzen der Geldstrafe befinden sich die Betroffenen meist wieder in dem gewohnten Teufelskreis. Wenn sie nach der Haft wichtige Termine bei Ärzt*innen oder für Job- und Wohnungsbewerbungen wahrnehmen wollen, werden sie erneut mit den Preisen des Nahverkehrs, drohenden Geldstrafen und Anzeigen konfrontiert. 
Bild eines Banners mit dem Text: §265a abschaffen - sich die Fahrkarte nicht leisten zu können ist kein Verbrechen
§ 265 a abschaffen
Das so vielen Menschen durch den kostenpflichtigen ÖPNV und den vorliegenden Strafbestand derartige Hürden aufgebürdet werden, macht weitere Gründe und klare Forderungen an die Politik für den kostenlosen ÖPNV deutlich.  
Die Initiative Freiheitsfonds wartet nicht auf die Politik sondern handelt. Sie sorgt dafür, dass deutschlandweit Menschen aus dem Gefängnis befreit werden, die wegen „Fahren ohne Fahrschein“ verurteilt wurden. Bislang haben sie durch gesammelte Spenden 305 Personen freigekauft und so 24051 Hafttage aufgelöst. Und da ein Hafttag Steuerzahlenden je nach Bundesland zwischen 98 und 188 Euro pro Tag kostet, hat die Initiative Freiheitsfonds durch das Freikaufen von Personen bislang sogar 3,6 Millionen Euro gespart.
Foto eines Banners am Oberstadtparkhaus mit der Aufschrift: Öffis für Lau - Statt Frust und Stau
Öffis für Lau – Statt Frust und Stau

Die Kampagne Freiheitsfonds macht die Klassenlogik des jetzigen Mobilitätsmodell und die der Justiz deutlich. Gleichzeitig zeigt sie auf, das ein kostenloser ÖPNV diejenigen die sowieso fast nichts haben entlasten würde und somit Umverteilung praktiziert.

 
Sie greift das Konzept des automobilen Kapitalismus an, das die enge Verflechtung von Verkehr, Wirtschaft und Politik benennt. Machen wir uns nichts vor, heutzutage ist ein Großteil der Menschen vom Auto abhängig. Eine Abhängigkeit, die sorgfältig durch die  Ausbeutung von Mensch und Umwelt, Enteignungen und öffentlichen Geldern vom Staat und der Automobilindustrie konstruiert wurde. Sei es die Stadtplanung zum Gunsten des Autos, die bescheuerten Kaufprämien oder die Spritgelder und Kilometerpauschalen.
 
Das deutsche Wirtschaftsmodell ist auf die Gewinne der Automobilindustrie ausgelegt und damit das auch so bleibt baut die Lobby namens VDA und ADAC Netzwerke in der Politik und der Zivilgesellschaft auf. Die Vergangenheit zeigte, dass nur soziale Bewegungen es schaffen wirklichen Druck aufzubauen, da sie frei von den kapitalistischen Profitinteressen sind. Wir finden deshalb, dass die Klimagerechtigkeitsbewegung die Machtfrage stellen muss um das Herrschaftsverhältnis des automobilen Kapitalismus zu überwinden. Ein kostenloser und gut ausgebauter ÖPNV stellt das Auto als Hauptverkehrsmittel infrage und ist deshalb dafür ein Schritt in die richtige Richtung.
 
Ein lokales Beispiel dafür, dass die Zeiten der autozentrierten Politik immer noch aktuell sind, zeigt wohl das Parkhaus an der Waggonhalle, das trotz massivem Gegenprotest in direkter Nähe zum Hauptbahnhof gebaut wird. Dort hat die Stadt Anfang letzten Jahres, die veraltete Stellplatzverordnung durchgesetzt, die bis dato schon hätte erneuert werden können. Und das obwohl es in Marburg seit 2018 einen Klimanotstand gibt und dieser der Politik die Dringlichkeit aufweist das Klimathema bei allen Entscheidungen zu bedenken. Es macht deutlich wie viel so ein Klimanotstand im Zweifelsfalle bedeutet.
 
Unser Verständnis von Klimagerechtigkeit bedeutet für eine Verkehrswende von unten zu kämpfen. Wir stehen als Klimagruppe Marburg hinter der Kampagne Freiheitsfonds, ihrer Forderung, den Paragraphen 265a zu kippen und damit das Fahren ohne Fahrschein zu entkriminalisieren sowie hinter der Forderung, die kostenlose Nutzung des ÖPNV zu ermöglichen. Genau deshalb unterstützen wir auch die Kampagne von Fridays For Future Marburg.
Um die Kampagne Freiheitsfonds zu unterstützen, geben wir im Anschluss eine Spendenbox rum. 
 
 
Quellen:
Studie der Soziologin Nicole Bögelein.

Redebeitrag der Klimargruppe

Hallo an Alle!
 
Schön, dass ihr da seid und mit uns für einen solidarischen Umgang mit der Pandemie und gegen Verschwörungsmythen auf die Straße geht. Wir sind von der Klimagruppe /FFF Marburg und jetzt fragt ihr euch vielleicht: Was hat das ganze mit Klimagerechtigkeit zu tun, warum diese Rede?
 
Nun das ist leicht erklärt: Zunächst beteiligen sich an den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in Marburg viele Menschen, die sich selbst als Öko’s oder Klimaschützer*innen verstehen. Gleichzeitig besuchen diese Personen auch weiterhin Demonstrationen und Aktionen zum Thema Klimaschutz und beteiligen sich aktiv an deren Vorbereitung. So nimmt beispielsweise eine der eifrigsten Organisator*innen der  Anti-Corona-Demos und sogenannten “Spaziergängen” auch eine wichtige Rolle in der Critical Mass in Marburg ein – eine Aktionsform, die das Thema Verkehrswende angeht. Wir müssen anerkennen, dass dies keine Einzelfälle sind: In Marburg wie auch in der ganzen Bundesrepublik lässt sich beobachten, dass die Schnittmenge von Klimaschützer*innen, Esoteriker*innen, Impfgegner*innen und Verschwörungsideolog*innen groß ist.
Abseits von diesen personellen Überschneidungen, mussten wir leider feststellen, dass es zudem innerhalb der Klimagerechtigkeitsbewegung Stimmen gibt, die eine klare Positionierung in der Debatte um die Coronamaßnahmen ablehnen. So wurde der Aufruf zu dieser Demonstration in einer Telegram-Gruppe, die sich dem Thema Klimagerechtigkeit widmet und über 500 Mitglieder*innen hat, als “spaltend” kommentiert, man solle doch lieber “beim Klimakontext bleiben”, man verstehe nicht “was das mit Klimagerechtigkeit zu tun habe”.
 
Höchste Zeit also einige Dinge klarzustellen:
 
Zunächst sollte klar sein: Wer mit Antisemit*innen, Verschwörungsideolog*innen und gewaltbereiten Faschist*innen gemeinsam auf die Straße geht, bietet Rechtsextremist*innen eine Bühne und beteiligt sich an der Verbreitung ihrer menschenverachtenden Ideologie.
 
Darüber hinaus sind solche höchst problematischen Bündnisse, die sich allein aus einer gemeinsamen Wut gegen “die Eliten” und “die Lügenpresse” ergeben, das Gegenteil davon, was wir unter Klimagerechtigkeit verstehen:
 
Erstens – Klimagerechtigkeit ist ein Begriff, der von Aktivist*innen aus dem globalen Süden geprägt wurde, um die ungerechte Verteilung der Verursachung und der Folgen der Klimakrise zu thematisieren. Beispielsweise sind Bewohner*innen der Fidschi-Inseln von den Folgen der Klimakrise extrem bedroht, obwohl ihr Treibhausgasausstoß sehr gering ist. Klimagerechtigkeit ist somit immer intersektional zu verstehen – das bedeutet verschiedene Formen von Unterdrückung im Zusammenhang zu erkennen und Probleme nicht isoliert voneinander zu betrachten. Beispielsweise werden Pandemien, wie diese häufig durch die Übertragung von Erregern von Tieren auf Menschen ausgelöst, und die Wahrscheinlichkeit dafür steigt durch die fortschreitende Zerstörung von Lebensräumen und Ökosystemen stetig. Deshalb können wir Klimagerechtigkeit auch nur in Verbindung mit Kämpfen gegen jegliche Formen von Herrschaft und Ausbeutung erreichen. Diese Perspektive sollten wir auch in der Corona-Pandemie einnehmen: Wir können nicht wegschauen, wenn das Krankenhauspersonal überlastet ist, Risikogruppen besonders gefährdet sind und die Impfpatente aufgrund von Profitinteressen weiterhin verschlossen bleiben. Und wir können erst recht nicht wegschauen, wenn das alles von sogenannten “Querdenker*innen” verharmlost oder relativiert wird, welche neben ihren unsolidarischen Forderungen antisemitische Verschwörungstheorien verbreiten.
 
Zweitens – Der bekannte Slogan “System Change not Climate Change” erinnert uns daran, dass wir sowohl in Bezug auf die Klimakrise als auch in der Coronapandemie eine klare, faktenbasierte Analyse des jeweiligen Problems brauchen, um gute Lösungsvorschläge entwickeln zu können: Ein System zu kritisieren, dass unser Gesundheitssystem an Profitinteressen ausrichtet, sowie die Klimakrise und Pandemien verursacht, ist wichtig und richtig. Doch eine Weltverschwörung herbeizuphantasieren, die strukturelle Probleme personifiziert und somit die Schuld auf vermeintliche Strippenzieher in Hinterzimmern projiziert, ist nicht kritisch, sondern in der Regel wissenschaftsfeindlich und oft antisemitisch. Stattdessen müssen wir unsere kapitalistische Wirtschaftsweise und andere strukturelle Unterdrückungsmechanismen, an denen wir uns vielfach aktiv beteiligen (wie z.B. Rassismus und Patriachat) in den Blick nehmen, um Lösungen entwickeln zu können, die dem Problem angemessen sind.
 
Und Drittens – Klimagerechtigkeit bedeutet für uns Krisen mit sozialen und solidarischen Lösungsvorschlägen zu begegnen: In dem Kampf gegen die Klimakrise müssen wir auf solche Lösungen setzen, die ein gutes Leben für alle ermöglichen. Das würde beispielsweise bedeuten den öffentlichen Nahverkehr endlich kostenlos zu machen, anstatt E-Autos zu fördern, die sich ohnehin nur wenige leisten können, und die weiter auf die Ausbeutung von Menschen und Ökosystemen aufbauen. Auch im Umgang mit der Coronapandemie müssen wir die Solidarität in den Mittelpunkt stellen: Das bedeutet für uns, die  egoistischen Forderungen der sogenannten “Querdenker*innen”, die Coronamaßnahmen auf Kosten vieler weiterer Menschenleben ablehnen, konsequent zurückzuweisen und stattdessen sozial gerechte Forderungen zu stellen:
 
  • Wir fordern ein starkes Gesundheitssystem, das unabhängig von Profitinteressen ist!
  • Wir fordern Risikopatient*innen durch einen solidarischen Umgang mit der Pandemie zu schützen!
  • Wir fordern die sofortige Freigabe der Impfpatente, damit die Profitmaximierung auf Kosten der Gesundheit von strukturell benachteiligten Menschen beendet wird!
Die Klimagerechtigkeitsbewegung muss eine klare Position auch im Umgang mit der Coronapandemie beziehen und auch wir müssen uns den sogenannten “Querdenker*innen” in den Weg stellen. Deshalb nochmal:
 
Klimagerechtigkeit heißt: Solidarität statt Verschwörungsmythen!
 
Danke 

work in progress

hier entsteht gerade der internetauftritt der klimagerechtigkeitsgruppe marburg. wenn du interesse hast dabei zu sein, schau doch einfach am kommenden donnerstag vorbei.

-english-
this is where the website of the climate justice group marburg is being created. if you are interested in being part of it, just drop by next thursday.

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